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Die Situation bei Kriegsende

Die Universitäten und Forschungsinstitute hatten durch Bombenkrieg und Kampfhandlungen schwerste Schäden erlitten. Insbesondere in den laut alliierten Absprachen seit Sommer 1945 von den Westmächten besetzten Stadtteilen waren zuvor in den Industriebetrieben, Forschungsinstituten und der Technischen Hochschule alle noch vorhandenen Geräte, Instrumente, die technischen Einrichtungen und die Maschinen von der Roten Armee systematisch demontiert und in die UdSSR geschafft worden.

Der überwiegende Teil der bekannten Physiker war durch Verlagerung vor oder Flucht bei Kriegsende in die westlichen Besatzungszonen gelangt. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Ein Großteil der Mitglieder und Mitarbeiter der Kaiser-Wilhelm-Institute traf sich im fast unzerstörten Göttingen; die Elektronenmikroskopiker der AEG fanden in Mosbach/Baden bzw. Tübingen ein neues Domizil.

Von den in Berlin verbliebenen Wissenschaftlern wurden viele zur Forschung in der Sowjetunion verpflichtet; manche sahen darin die beste Möglichkeit, um wissenschaftlich weiterarbeiten zu können. Manfred von Ardenne, der 1938 in seinem Privatlabor in Berlin-Lichterfelde u. a. das erste Raster- (oder Abtast-) Elektronenmikroskop entwickelt und während des Krieges ein Zyklotron gebaut hatte, und sein Mitarbeiter Fritz Bernhard, aber auch Gustav Hertz, Max Volmer, Nikolaus Riehl, Adolf Thiessen, Karl Wirths, Heinz und Elfi Barwich u. a. gehörten zu den beiden Spezialistengruppen, die dort im Umfeld der Kernwaffenentwicklung arbeiteten. Außerdem wurden acht weitere Spezialistengruppen in die Sowjetunion verpflichtet, darunter viele Elektroniker [5]. - Andere Physiker gingen ins westliche Ausland z. B. Fritz Schröter, der in Paris ein neues Betätigungsfeld fand, Franz Weidert, der in Madrid ein optisches Institut aufbaute und Fritz Houtermanns, der in die Schweiz übersiedelte.

Bei Kriegsende waren die Berliner Universitäten von den Alliierten geschlossen worden, was in Erlassen des Magistrats vom 31. Mai und 8. Juni bestätigt wurde. Von Berliner Politikern und den West-Alliierten wurde angestrebt, die Universität und die Technische Hochschule dem Berliner Magistrat zu unterstellen, natürlich unter Aufsicht durch den alliierten Kontrollrat. Der sowjetische Vertreter hingegen verlangte, die Berliner Universität der Zentralverwaltung der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), Bereich Volksbildung, zuzuordnen, was er dann am 8. Januar 1946 anordnete. Daraufhin übernahm der Britische Stadtkommandant die in seinem Sektor gelegene Technische Hochschule, welche am 9. April 1946 als Technische Universität Berlin (TUB) neu gegründet wurde. Bis zum 1. Juni 1949 wurde sie aus den Mitteln der Britischen Besatzungszone finanziert, dann übernahm sie der Senat von Berlin.

 

[5] Nikolaus Riehl: Zehn Jahre im Goldenen Käfig. Dr. Riedener-Verlag, Stuttgart; H. und E. Barwich: Das rote Atom. Scherz-Verlag, München, Bern 1967.